Hat die Welt von fern im Blick:
Vielfachkünstler Rafael Springer.

(Foto: David Russon)
Sandy Artuso
woxx: 894 / 23-03-2007
LITERATUR
ALLES HAT EIN ENDE ...
Mit seinem neuen Buch "Die Wurst. Das Ende. Der Welt. - Eine Zeitnahme." testet der Bildhauer, Maler und Schriftsteller Rafael Springer die Grenzen der Literatur aus und fordert seinen Lesern einige Ausdauer ab.
Um eines gleich vorwegzunehmen: Dieses Buch kann einfach nicht mit den üblichen Kriterien betrachtet werden, genauso wenig wie der in Zürich geborene und seit 1965 in Luxemburg lebende Allround-Künstler Springer sich in eine Kategorie einzwängen lässt. Eine Kostprobe: "Ich bin die Alzette! Kein richtiger Fluss. Kein klarer. Bin auch kein klarer Mensch. Kein klarer Denker. Stromlinienförmiger. Kein Geschichtenschreiber. Kein Erzähler. "Ich knote sie zusammen! Die Stäbe dieses Buchs. Wie Bockwürste. Wie Wortwürste.".
Rafael Springer beschreibt in seiner "Zeitnahme" die Gedankensprünge eines anti-heroischen Erzählers, der in einem zermürbenden Endlosstau auf der Adolphe-Brücke in Luxemburg-Stadt gefangen ist. Eine lineare Handlung ist nicht wirklich vorhanden, dafür ergeben diverse Leitmotive einen dünnen Rahmen, an den sich der Leser klammern muss, um Springers Sprünge heil zu überstehen. Die Adolphe-Brücke ist nämlich eine Wurst, zwischen deren beiden Enden der Erzähler wie Fleischbrät ausweglos eingepresst ist. Die Brücke ist das Leben ist die Wurst.
Springer ist groß, schlank und seine blauen Augen wirken jungenhaft frech, wenn er lächelnd erklärt: "Das Leben ist nun mal wirklich eine Wurst, es fängt mit der Nabelschnur an, wo es aufhört, weiß ich noch nichtÙich werde es aber wohl irgendwann herausfinden." Neben dem Wurstbrät-Motiv ist es der konstante Bezug auf einen mysteriösen Terminator, der den Erzähler verwirrt. Natürlich habe er dabei an den gleichnamigen Film mit Arnold Schwarzenegger gedacht, an eine Gestalt, die von außen kommt und Böses bringt, so der Autor. In Springers fiktiver Wurst-Welt repräsentiert der Terminator die "Oberstörenfriede", die anstatt der erhofften Hilfe kommen. Der "normale" Mensch, der wie Springers Held in der Lebenswurst gefangen ist, scheint nämlich auf einen "Auserwählten" zu warten, auf einen "Subliminator". "Doch es ist kein Subliminator da, der die Sachen in ein positives Licht stellt, es wird alles wie Brät in eine Wurst gepresst", so der Autor.
Pont Adolphe: Wurstpresse
Es ist keine einfach verdauliche Kost, die der Künstler seinen Lesern präsentiert. Doch der will auch nicht durchanalysiert und - interpretiert werden. Als er "Die Wurst." schrieb, hatte er natürlich ein Konzept vor Augen. Aber auch ihm fällt es im Nachhinein schwer, sich in dieser Gedankenwelt wiederzufinden und die einzelnen Gedankenstränge und -sprünge zu rekonstruieren. Sein Tipp an die Leser: "Lies es einfach, lass es einfach auf dich zu kommen. Du kannst es natürlich gerne durchinterpretieren, aber dann wirst du am Ende wahrscheinlich ein dickeres Buch aufweisen können als ich!" Auch die Kritiker weiß er zu entwaffnen, denn wer wird Springer schon mit reinem Gewissen verreißen, wenn er sich im Buch selbst als "schreibendes Debakel" bezeichnet, der seine "Belanglosigkeit" zum Ausdruck bringt? Diese Bescheidenheit paart Springer mit einer, wie er sagt, "gesunden Arroganz". Ein nachvollziehbarer Gegensatz, gehört doch zum masochistischen Mut des Publizierens auch der exhibitionistische Drang des Selbstdarstellens. Springer offenbart im Gespräch, dass diese Arroganz, diese scheinbare Selbstsicherheit eine Schutzschicht ist, die von der Verletzlichkeit des sich öffnenden Künstlers ablenken soll: "Wenn ich schreibe und veröffentliche, mache ich mich verletzlich. Deswegen muss ich standhaft und selbstsicher wirken, sonst werde ich zertreten."
Auch wenn Springers Telegramm-Stil den Anschein hat: Der Text ist nicht aus einem Block entstanden und auch nicht in einer drogenverschleierten Nacht geschrieben worden. Etwa zwei Monate hat er an seinem Werk gefeilt, solange, bis er mit dem Resultat zufrieden war. Keine einfache Arbeit, denn um seinen Schreibfluss, seinen Rhythmus aufrecht zu erhalten, musste er sich regelrecht in Trance schreiben, ganz ohne Rauschmittel. Dass der Leser seine Schwierigkeiten hat, bei diesem Tempo mit zu halten, stört den Künstler nicht weiter: "Ich will den Leser nicht schnaufen lassen, ich bin der Chef und ich gebe das Tempo vor." Springer wollte eigentlich schon immer Schriftsteller werden, hat aber bis vor Kurzem der plastischen Kunst den Vortritt gegeben. Ein Grund dafür war sicherlich auch seine Erkenntnis, dass sein Talent nicht im Geschichtenerzählen liegt. "Ich will schreiben, und was ich sagen will, passt eben nicht in die gängigen Formen", beschreibt er sein Dilemma. Also musste er neue Wege gehen, seine eigene Sprache finden. "Ich bin ein Künstler, das Schreiben ist für mich auch eine visuelle Sache". So nennt er sich einen "sculpteur de mots", einen wortwörtlichen Schrift-Steller. Es ist der spielerische Umgang mit der Sprache, der ihm Spaß macht und den er technisch virtuos beherrscht. Springer bedauert, dass die Menschen einen so schrecklichen Respekt vor Wörtern haben, " wie vor den Eltern, das muss doch nicht sein". Lieber testet er die Grenzen aus, sprengt Konventionen, um zu zeigen, was alles möglich ist, wenn man sich die nötigen Freiheiten nimmt. Auf jeden Fall solle man nicht immer alles so ernst nehmen, so Springer. Dennoch ist "Die Wurst." keine Komödie. Es ist ein sehr wütendes Buch, und der Autor gibt auch zu, beim Schreiben sehr viel Wut im Bauch gehabt zu haben. "Ich bin damals nicht über diese symbolische Brücke gekommen, ... ich war nur schwer genießbar in dieser Zeit" sagt er, und immer noch schwingt Emotion in seiner Stimme mit.
Im Telegrammstil
Der charmante Künstler tut sich in den letzten Jahren mit dem Lesen schwer; meist interessiert ihn ein Buch schon nach drei Seiten nicht mehr. "Ich kenne genug Geschichten, ich habe ausreichend gelebt". Dennoch räumt er ein, dass er sich keineswegs anmaßt, in der gleichen Liga wie etwa ein Max Frisch zu spielen. Umso interessanter wirkt in diesem Kontext der kleine Hinweis auf einen luxemburgischen Autor, den der aufmerksame Leser in "Die Wurst." finden wird. Zu sehen, dass ein Landsmann bei Suhrkamp veröffentlicht, habe Springer unter anderem angespornt, wieder zu schreiben.
"Die Wurst. Das Ende. Der Welt." ist nicht, wie noch 1994 seine erste größere Veröffentlichung "Alarm", in einem Verlag erschienen; Springer hat das Buch im Eigenvertrieb bei "Books on Demand" herausgebracht - einem Verlag, bei dem der Schriftsteller seine Bücher selbst in Auftrag gibt, bezahlt und weiterverkauft. Er ist sich bewusst, dass solche Veröffentlichungen in der Literaturszene sehr kritisch beäugt werden. Er legt großen Wert darauf, zu betonen, dass er keineswegs schlechte Erfahrungen beim Phi-Verlag gemacht habe oder etwa keinen Verleger gefunden hätte für seine neuesten Projekte. Im Gegenteil sprachen sowohl künstlerische wie auch finanzielle Gründe für eine On-Demand-Veröffentlichung. "Ich weiß, dass die Leute sagen: Da kann doch jeder Idiot irgendein Blödsinn publizieren, ich habe kein Problem damit; so arrogant bin ich dann auch nicht".
Springer lässt sich ungern vorschreiben, was er machen soll und vor allem mag er es nicht, andere um etwas zu bitten. Der Autor genießt einfach nur die Freiheit, die das Verlegen ohne Verleger mit sich bringt: Er allein ist verantwortlich für Inhalt und Form, vom Konzept bis zum Layout, und Spaß hat er auch noch dabei. Um eines seiner Wortspiele zu übernehmen: Er ist nun mal kein Terminautor. Im Eigenvertrieb zu veröffentlichen, ermöglicht es Springer auch, in naher Zukunft eine englische Übersetzung seines Buches herauszubringen. Eine sehr spannende Erfahrung sei das Verfassen der englischen Version gewesen, eine Möglichkeit, sein Buch in einem ganz neuen Licht zu sehen.
Natürlich liegt nun auch der Vertrieb in seiner Verantwortung: Er muss sein Buch selbst unter die Menschen bringen. Der nach eigener Aussage eher menschenscheue Künstler wird jedoch voraussichtlich nicht auf Lesetour gehen. Er könnte sich aber eine Hörbuchfassung seines Buches vorstellen. "Mit Thierry van Werveke als Vorleser wäre das nicht perfekt?" Das könnte das Verdauen dieser Wurst tatsächlich um einiges leichter machen.
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Donneschdeg, de 26. Abrëll 2007 N° 081
Interview: Simone Molitor
Giftige Autoschlangen
„Die Wurst. Das Ende. Der Welt.“ - Das Buch. Der Autor. Das Interview.
Zeit. Zu gehen. Der Zwei-Uhr-Termin. Es klingelt. Keine Möglichkeit abzusagen? Gibt es nicht. Er steht in der Tür. Bereit! Sich unseren Fragen zu stellen. Zu spät! Kein Entkommen....
Man stelle sich vor, Journalisten würden ihre Beiträge in dieser gewöhnungsbedürftigen Manier schreiben! ER tut es... (- wobei wir uns nicht anmaßen, ES auch zu können). ER schert sich nicht darum, ob der Leser nach fünf Seiten die Schnauze voll hat, die Lektüre aufgibt und SEIN Buch wieder zuklappt. ER mag Satzzeichen, wo keine hingehören, ER schreibt Sätze ohne das obligate Prädikat, ER benutzt aussagekräftige Wörter, die es gar nicht einmal wirklich gibt. Absätze sind tabu, genau wie Zwischentitel oder die Einteilung in einzelne Kapitel. Unübersichtlich wie ein Stau ist das Buch, leicht verliert man den Überblick, weiß nicht mehr wo hinten und vorne ist, verliert sich im Text, muss fast wie in Primärschulzeiten die einzelnen Zeilen mit dem Finger nachziehen, um nicht dauernd wieder nach dem richtigen Satz zu suchen.
Wir reden von „Die Wurst. Das Ende. Der Welt“ und IHM, dem Autoren, Maler und Bildhauer in einer Person, Rafael Springer, fast muss man sagen, „dem Schöpfer“ dieses Buches. In der Art und Weise, wie der Titel formuliert ist, präsentiert sich auch der Inhalt. Kleine Kostprobe gefällig? „Ich bin die Alzette! Kein richtiger Fluss. Kein klarer. Bin auch kein klarer Mensch. Kein klarer Denker. Stromlinienförmiger. Kein Geschichtenschreiber. Kein Erzähler. Kein Sinnmacher. Sollen die anderen flüssig reden. Ich kann es nicht. Will es nicht. Nicht so! Nicht jetzt! Nicht hier! Keine Zeit. Keine Lust. Es hat keinen Sinn. Ich knote sie zusammen! Die Stäbe dieses Buchs. Wie Bockwürste. Wie Wortwürste. Schände sie. Schmeiße sie. Zerknirsche sie. In meinem Kopf. In meine Pranken. Wie wehrlose Spermien in den Knoten eines Kondoms. (...)“. Ist das etwa Selbstdarstellung? Genau dies wollten wir in einem Gespräch herausfinden.
„Ich bin mein eigener Chef“
Fest steht, dass der in Zürich geborene und seit 1965 in Luxemburg lebende Künstler ein Mensch ist, der gerne herumexperimentiert, sei es mit Farben oder eben Wörtern. Vor allem will er dabei sein eigener Chef sein und sich nichts vorschreiben lassen. Schriftsteller wollte er schon immer werden. „Das war mein erstes Berufsziel, jedoch schreibe ich nicht so wie jemand, der das jeden Tag tut. Mein Schreibstil ist komplizierter, das Schreiben an sich nimmt mehr Zeit in Anspruch“, erklärt der Autodidakt. Vorbilder in der Welt der Literaten gibt es nicht. „Es hat lange gedauert bis ich diesen Stil entwickelt habe, bis ich also meine ganz eigene Sprache gefunden habe. Nur so will ich schreiben. Kräftig, aggressiv...“ Leicht verdaulich ist seine „Feder“ nicht, soll sie jedoch auch nicht. Einfach wird es der Leser demnach nicht haben, dessen ist sich der „Ab-und-zu“-Schriftsteller durchaus bewusst. Letztendlich hat er aber die Wahl, „wem mein Buch zu schwierig ist, der muss ganz einfach etwas anderes lesen. Entweder man reißt sich zusammen und beißt sich durch, oder eben nicht.“ So simpel ist es...
Sehr wohl steckt auch ein Konzept hinter dem Ganzen, auch wenn man zeitweilig meinen könnte, der Autor habe einfach wirr drauf los geschrieben und seine bizarren Gedanken festhalten wollen. „Es war eine mühsame Arbeit. Ich habe versucht, mich in einen Zustand hineinzuversetzen, den ich kenne, und diese Gedanken wieder zu geben,“ erklärt Rafael Springer das Entstehen seiner „Zeitnahme“, so der Untertitel des Buches.
Stau ist nicht gleich Stau
Diesen Zustand kennt übrigens jeder: Der Ich-Erzähler steht in einem Stau... Doch auch Stau ist nicht gleich Stau, lehrt uns der „Wurst-Buch“-Verfasser. „Stau kann alles und überall sein, sei es auf der Adolphe-Brücke oder am Arbeitsplatz. Man ist immer irgendwie eingeengt, durch gewisse Situationen im Leben, durch den Chef, durch Nachbarn... Die moderne Welt ‚ist’ Stau. Jeder will irgendwo hinkommen, doch kommt nicht weiter. Der Stau kann genauso gut im Kopf sein, wie auf der Straße. Alles ist möglich, alles ist offen.“ So verwundert es dann auch kaum, dass die Idee zu dem Buch, nicht in einem echten Stau entstanden ist. „Ich stehe selten im Stau, führe als Künstler in dieser Hinsicht sozusagen ein Luxus-Leben, ich kann Staus fast immer meiden“, so Springer schmunzelnd, „deshalb habe ich auch eine ganz andere Sicht der Dinge. Ich kann das Ganze mit mehr Wut sehen, oder einer anderen Wut, jedenfalls mit einer Wut, die mich nicht verletzt.“
„Ich stand nicht unter Drogen“
Wenn man „Die Wurst. Das Ende. Der Welt.“ liest, könnte man fast denken, der Verfasser habe kräftig Dampf ablassen müssen, doch ist er „eigentlich nicht der wütende Typ“, betont der 49-jährige. „Wenn ich etwas schreibe, möchte ich auch richtige Emotionen mit hinein bringen, genau wie ich solche mitbekommen will, wenn ich ein Buch lese, - obwohl das eigentlich eher selten vorkommt“, gibt der Künstler zu. „Ich bewundere Menschen die schön locker und fließend schreiben können, oder auch diejenigen die sie lesen. Ich brauche es kräftiger. ‚Normale’ Erzählungen langweilen mich, Geschichten die ich selbst erlebt habe oder hätte können. Mit meiner Art und Weise zu schreiben oder auch ein Kunstwerk zu schaffen, versuche ich etwas anderes zu machen. Ich erlaube mir die Freiheit, mit den Worten so umzugehen, wie ich es will, so als wäre es eine Skulptur, die ich schaffe, die modelliert werden soll und mit der ich mich von gängigen Methoden oder Stilen absondere. Ich weiß genau was ‚normal’ ist, und das will ich eben nicht. Ich spiele mit den Worten. Genau darin liegt der Reiz. Ich stand jedenfalls nicht unter Drogen, als ich dieses Buch geschrieben habe. Verschiedene werden mich aber wohl für etwas verrückt halten, wenn sie es lesen“, witzelt der Verfasser und betont, dass er damals auch nicht wirklich in Weltuntergangsstimmung gewesen sei.
„Mir geht es außerdem darum, den literarischen Betrieb zu erweitern, à ma façon. Ich habe nicht vor, 50 solcher Bücher zu schreiben.“ Doch besteht das Stau-Wurst-Buch nicht nur aus kurzen, fast stichwortartigen, abgehackten Sätzen, ähnlich Telegramm-Stil. Gegen Mitte findet sich doch tatsächlich ein sehr langes Satzgeflecht, mit vielen Kommas und Nebensätzen...
Keine Gebrauchsanweisung
Eine Gebrauchsanweisung resp. eine genaue Leseanleitung gibt es nicht, das Buch könne auch überflogen werden, so Springer. „Man muss nicht versuchen für jeden Satz ein Bild vor Augen zu haben oder alles durch zu interpretieren. Nicht alles soll wortwörtlich genommen werden.“ Zwischen den Zeilen darf gelesen werden, jedoch sei dies nicht Pflicht. Das Buch will ernst, allerdings gleichzeitig witzig sein. Genau festlegen möchte sich der Autor auch diesbezüglich nicht. „Nur dramatisch“ sei es jedenfalls nicht, „und eigentlich bin ich ja eher ein lustiger Kerl“.
Natürlich kann man die Handlung nicht bequem resümieren, diverse Leitmotive kehren jedoch immer wieder, wie etwa ein geheimnisvoller Terminator, dazu der passende Sublimator, die Adolphe-Brücke mit Endlos-Stau und natürlich die Wurst. „Ich erzähle keine Geschichte. Ich habe eher eine Situation beschrieben, mache jedoch keine Erzählung daraus.“ Einen Anfang und ein Ende hat das Ganze aber schon: in den Stau, aus dem Stau...
Schwerstarbeit
„Ich schreibe gerne, wenn auch nicht sehr oft. So zu schreiben, nimmt äußerst viel Zeit in Anspruch.“ Rund zwei Monate saß Rafael Springer an seiner Geschichte, die schließlich keine ist. Erst danach überlegte er, was mit dem Text passieren sollte: Publizieren? An einen Verlag senden?... „Ich klopfe nicht gerne an, weder mit meinen Bildern, noch mit einem Buch“, gibt der Künstler zu, „,Würden Sie bitte...?’ ‚Hätten Sie eventuell Interesse...?’ - das ist einfach nicht mein Stil. Ich bin ein geduldiger Mensch und warte eher ab, dass sich eine Gelegenheit von selbst bietet, anstatt irgendjemandem hinterher zu rennen. Ich bin wie ein Indianer, der auf dem Berg sitzt und darauf wartet, dass seine Feinde unten das Tal durchqueren.“ Natürlich handelt es sich bei Verlegern und Galleristen nicht um Feinde, und doch sitzt Rafael lieber oben auf seinem Berg, und wartet auf die passende Gelegenheit... Schließlich hat der Autor sein Buch im Eigenvertrieb bei „Books on Demand“ herausgebracht, es also bei diesem Verlag sozusagen selbst in Auftrag gegeben, bezahlt und ist auch eigens für den Weiterverkauf verantwortlich. Doch wie kommt es an den Mann? „Da ich viel unterwegs und unter Menschen bin, kann ich so schon genug verkaufen, um meine Unkosten zu decken. In Deutschland ist es im Internet-Buchhandel erhältlich.“ Durchaus bewusst ist sich Springer dessen, dass in Eigenregie herausgebrachte Bücher, oft kritisch beäugt werden, nach dem Prinzip: Das kann ja jeder. „Das stört mich nicht, ich weiß was ich gemacht habe und bin arrogant genug, davon überzeugt zu sein, dass es nichts Unnützes ist.“
„Alle 10 Jahre ein Buch, reicht mir“, erklärt Springer die lange „Schaffens-pause“, während der er sich eher auf das Malen konzentriert hat, - sein erstes Werk „Alarm“ erschien 1994. „Man muss schließlich auch wirklich etwas zu schreiben haben. Schreiben nur um des Schreiben willen, funktioniert bei mir nicht. Außerdem ist es sehr anstrengend. Ich schreibe ein, zwei Stunde, pausiere dann und habe trotzdem immer nur das Buch im Kopf. Also eine echte Pause, bevor der Text vollendet ist, gibt es eigentlich nicht. Man kommt nicht wirklich zur Ruhe, ist zu konzentriert, zu sehr in der Geschichte drin. Ich kann ‚nur’ schreiben oder ‚nur’ malen, nicht beides gleichzeitig.“
„Die Wurst. Das Ende. Der Welt“ wird es bald auch in Englisch geben. „Irgendwie klingt das ernster“, meint Springer, der es selbst übersetzt hat. Außerdem wird demnächst eine Kurzgeschichte, illustriert mit Bildern von Künstlerin Dany Neumann, erscheinen. Überdies steht der Dreh eines Kurzfilms in Paris auf dem Programm. „Das ist zwar nicht so mein Ding, aber manchmal doch ganz angenehm, vor allem um auf andere Gedanken zu kommen, also eine willkommene Abwechslung, just for fun eben. Genau wie Eishockey-Spielen, wichtig als Ausgleich um auch etwaige Aggressionen abzubauen, wobei ich jedoch absolut kein aggressiver Mensch bin. Mens sana in corpore sana“, betont Rafael, „Jedenfalls würde ich nie ‚nur’ Schriftsteller sein wollen.“

Rafael Springer liebt es herum zu experimentieren, sei es mit Wörtern, Farben oder Sonstigem ?
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Von Jérôme habe ich die Erlaubnis bekommnen, doch dieser Artikel wurde vom d'LAND zur Veröffentlichung auf meiner Homepage nicht freigegeben!
Wieso auch immer!
Schade, denn ich habe keine Probleme mit kritischen Stimmen. Im Gegenteil!
Zumal ich genau diesen Störenfrieden, Heimkehren und Terminatoren mein Buch gewidmet habe!
Aber ich habe das RECHT zu zitieren.
also:
"ZITAT"
……KEIN KLARER DENKER……
……DIE FINGER UM DAS STARRE LENKRAD GEWICKELT. DIE MÄULER FLUCHEN. DIE ZÄHNE STINKEN. DIE SÄCKE KRATZEN. DIE ÄRSCHE SCHWITZEN. DER STAU BEGINNT ZU KOCHEN. DIE WURST IST AM BERSTEN……
…FLIEG ÜBER DEN ADOLPHE! ÜBER DIE WOLKEN! ÜBER DEN STAU! SONST WIRD DIR SCHLECHT…
…ABER WAS MACHT DAS SCHON. IN DIESEM WORTSCHWALL. DIESEM GESCHICHTSLOSEN WIRRWARR DER EINSTÜRZENDEN SÄTZE. DER SICH STAUENDEN WÖRTER. DER GEHOPPELTEN GEDANKENSPRÜNGE. SPRINGER SPINNT! ABER HOPPLA! DIE WAHRHEIT KRATZT NIEMANDEN……
……DIE STÄBE DIESES BUCHES. WIE BOCKWÜRSTE. WIE WORTWÜRSTE……
…ZWILLINGSTÜRME DER SCHREIE BRECHEN ZUSAMMEN…
……LESEHIRN EINES DURCHSCHNITTLICHEN GESCHICHTENLIEBHABERS……
……FRAGE NIE, WIE SPÄT ES IST! DAZU IST ES ZU SPÄT!……
……SCHREIBENDES DEBAKEL……

und weiter

(Jérôme Jaminet, d'LETZEBUERGER LAND, 54. Jahrgang, Nummer 19, vom 11. Mai. 2007)
ISBN 5453000174663
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Springer is probably a very serious, nice man, but naturally not if he writes. He did everything, really everything so that his newest Opus became a publishing failure, but on the other hand a shocking, excessive, chaotic, destructive, horrendous, but also exciting chaos and ego trip... however he writes with massive innocence, a ferocity and directness, which on its 99-pages of sausage -, ego -, traffic jam -, frustration- and hallucinationtrip carries the reader away. Springer uses the method of the associative writing, ignores nearly all stylistic rules, and during the reading one can combine oneself the story, like as with the Nouveau Romanl. It is somehow about a guy, who is stuck in the traffic jam on the Adolphe Bridge and flips out and out and out.
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